Jeder hat irgendwann schon einmal an einem Gewinnspiel teilgenommen. Leider wird dieser Fakt von Betrügern als Einstieg für betrügerische Anrufe genutzt. Wie die Masche aussieht und wie Sie die Forderung ohne Anwalt abwehren können:
Lesen Sie hier, wie Sie auch andere unberechtigte Forderungen abwehren können.
Was ist passiert?
Sie erhalten einen Anruf, in dem Ihnen der Anrufer mitteilt, dass Sie an einem Gewinnspiel teilgenommen haben. „Kann schon sein“ wird Ihre Reaktion lauten.
Jetzt gibt es vor allem drei Varianten:
- Der Anrufer behauptet, Sie hätten den Preis gewonnen. Alles was Sie dafür angeben müssen, ist Ihre IBAN und Ihre Daten „zum Abgleich“, damit der Anrufer sicherstellen kann, dass Sie der richtige Gewinner sind.
- Der Anrufer behauptet, Sie hätten gewonnen oder wären in der engeren Auswahl. Um sich den Gewinn zu sichern müssten Sie nun noch ein Probeabo abschließen.
- Der Anrufer behauptet, Sie hätten im Rahmen eines Gewinnspiels bereits ein Probeabo abgeschlossen und vergessen dieses rechtzeitig zu kündigen.
Was steckt dahinter?
Hinter diesen Anrufen stecken Betrüger, die an Ihre Daten wollen.
In Fall 1 hat man es in erster Linie auf Ihre Daten abgesehen. Diese werden nun entweder genutzt, um Geld von Ihrem Konto abzubuchen, oder die Daten für sogenannte Spear-Pishing-Angriffe zu nutzen.
(Wussten Sie, dass man nur aufgrund Ihrer IBAN den Namen Ihrer Bank und Ihre Kontonummer ermitteln kann? Kennen Kriminelle Ihre IBAN, können sie nicht nur Abbuchungen veranlassen, sondern auch durch gezielte Mails und Anrufe unter Verwendung Ihrer Daten versuchen können, Zugang zu Ihrem Bankkonto zu bekommen?)
In den Fällen 2 und 3 schiebt man Ihnen ein Abo unter. Der Anrufer legt auf und ein anderer Mitarbeiter ruft Sie an, startet eine Gesprächsaufzeichnung und rattert in monotonem Ton die Konditionen durch. Wenn Sie am Ende der Aufzeichnung „Ja“ sagen, oder auch nur „Mhm“, sitzen Sie in der Falle.
Wie Sie sich schützen können
Legen Sie auf, wenn Sie unaufgefordert Anrufe von einem Unternehmen erhalten. Der Anrufer will nicht Ihnen etwas Gutes tun, sondern sich selbst! Seriöse Unternehmen rufen Verbraucher nicht ohne deren vorherige Einwilligung an – das ist in Deutschland nämlich nicht erlaubt!
Lassen Sie sich am Telefon nicht dazu verleiten, irgendetwas zuzustimmen. Seriöse Unternehmen senden Ihnen Vertragsunterlagen auf Wunsch immer vor Vertragsschluss postalisch oder per Mail zu. Ein Angebot das Sie nur sofort annehmen können, ist kein gutes Angebot. Wenn man Ihnen keine Zeit zum Überlegen geben will, will man Sie übervorteilen.
Was kann ich tun, wenn ich auf einen solchen Anruf hereingefallen bin?
Um es klar zu sagen: Es handelt sich bei den beschriebenen Fällen um zumindest versuchte Straftaten, auch wenn (noch) kein materieller Schaden entstanden ist.
- Machen Sie sich aus dem Gedächtnis Notizen über alles was besprochen wurde. Notieren Sie die Daten des oder der Anrufe.
- Erstatten Sie Anzeige bei der Polizei. Am einfachsten können Sie dies online tun. Sie können aber auch in jedem Polizeirevier in Ihrer Nähe Anzeige erstatten. Neben (versuchtem) Betrug nach § 263 StGB kommt auch das Erschleichen von Daten nach § 42 Abs. 2 BDSG in Betracht.
Achtung: Wenn (noch) kein Schaden entstanden ist, verweigern Polizisten nicht selten die Aufnahme einer Strafanzeige und behaupten, dass dies eine zivilrechtliche Angelegenheit sei. Wenn Sie dem Anrufer aufgrund seiner falschen Behauptungen private Daten genannt haben (Geburtsdatum, IBAN, Adresse, etc.), kommt auf jeden Fall das Erschleichen von Daten nach § 42 Abs. 2 BDSG in Betracht. Nennen Sie der Polizei diese Vorschrift und lassen Sie sich nicht abwimmeln. - Hat man Ihnen einen Vertrag untergeschoben, erheben Sie Beschwerde bei der Bundesnetzagentur. Hat man sich „nur“ Ihre Daten erschlichen, ist nicht die Bundesnetzagentur zuständig, sondern der Landesdatenschutzbeauftragte Ihres Bundeslandes zuständig (Kontaktdaten auf der Seite des BfDI).
- Sobald Sie eine Zahlungsaufforderung per Post oder Mail erhalten, versenden Sie mein Musterschreiben per Einwurf-Einschreiben.
Warum per Einwurf-Einschreiben? Sie müssen nachweisen können, dass die Gegenseite Ihr Schreiben erhalten hat. Das können Sie nur, wenn die Zustellung dokumentiert wird. Sie können natürlich auch eine Mail versenden und dafür eine Lesebestätigung anfordern oder ein Einschreiben mit Rückschein versenden. In diesem Fall muss aber der Empfänger den Erhalt bestätigen. Tut er dies nicht, stehen Sie mit leeren Händen da. Versenden Sie ein Schreiben per Einwurf-Einschreiben, dokumentiert der Postzusteller die Zustellung. Bewahren Sie eine Kopie des Schreibens, den Einlieferungsbeleg und einen Ausdruck der Sendungsverfolgung mit den dokumentierten Zustellungsdaten auf.
Achtung: Häufig werden Sie von Unternehmen X angeschrieben, dieses macht die Forderung aber nicht im eigenen Namen sondern für Unternehmen Y geltend. Senden Sie das Schreiben nur an Unternehmen X wird von Unternehmen Y häufig eingewendet, man habe das Schreiben ja gar nicht erhalten. Das ist ein gern gespieltes Verwirr-Spiel. Versenden Sie das Schreiben daher an alle Unternehmen die mit der Geltendmachung der Forderung in Verbindung stehen. - Wenn Sie ein Inkassoschreiben erhalten, senden Sie dem Inkassounternehmen eine Kopie des von Ihnen versendeten Musterschreibens. Zu Nachweiszwecken ist auch hier der Versand per Einwurf-Einschreiben anzuraten.
- Wenn Sie einen gerichtlichen Mahnbescheid erhalten: Senden Sie fristgerecht einen Widerspruch an das Gericht.
- Achten Sie auf Ihr Bankkonto. Abbuchungen können Sie innerhalb von 8 Wochen einfach im Onlinebanking zurückbuchen lassen – ohne Begründung. Wenn Sie dem abbuchenden Unternehmen keine Einzugsermächtigung erteilt haben Sie sogar 13 Monate Zeit.
Sobald Sie per Mail oder Post eine Zahlungsaufforderung erhalten, reagieren Sie zügig und entschlossen. Versenden Sie mein Musterschreiben per Einwurf-Einschreiben an die Unternehmen die behaupten, eine Forderung gegen Sie zu haben. Der Gesetzgeber gibt Ihnen die Mittel in die Hand, sich zu wehren
Musterschreiben
Mein Musterschreiben können Sie hier als Dokument im Format .docx herunterladen oder sich das Schreiben hier herauskopieren:
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit Schreiben vom __________ haben Sie eine Summe von _______ € von mir gefordert.
Diese Forderung bestreite ich hiermit ausdrücklich.
Meiner Überzeugung nach habe ich keinen Vertrag mit Ihnen abgeschlossen. Sollten Sie anderer Auffassung sein, weisen Sie bitte den Vertragsschluss nach und senden Sie mir alle maßgeblichen Vertragsunterlagen inklusive AGB, Widerrufsbelehrung und anderen vorvertraglich zu erteilenden Informationen zu.
Sollte doch ein Vertrag zustande gekommen sein, erkläre ich hiermit die Anfechtung der zum Vertragsschluss führenden Erklärung wegen arglistiger Täuschung und hilfsweise wegen Irrtums. Ich wollte keinen Vertrag mit dem von Ihnen behaupteten Inhalts abschließen.
Erläutern Sie ggf. was der Anrufer am Telefon behauptet hat.
________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________Zudem erkläre ich höchst hilfsweise den Widerruf eines etwaig geschlossenen Vertrags sowie die außerordentliche fristlose und ordentliche Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt.
Soweit Sie behaupten, dass der geltend gemachte Anspruch an Sie abgetreten worden ist, wird Ihre Zahlungsaufforderung bzw. Mahnung hiermit ausdrücklich zurückgewiesen, da Sie keine Originalurkunde der Abtretung vorgelegt haben, § 410 BGB.
Soweit Sie behaupten, vom Inhaber der Forderung bevollmächtigt zu sein, wird Ihre Zahlungsaufforderung bzw. Mahnung ebenfalls zurückgewiesen, da Sie keine Vollmachtsurkunde im Original vorgelegt haben, § 174 BGB.
Ich werde außergerichtlich keine Zahlung leisten. Sollten Sie an Ihrer Forderung festhalten, werden Sie hiermit ausdrücklich aufgefordert, diese gerichtlich geltend zu machen. Von weiteren außergerichtlichen Schreiben und Mahnungen bitte ich abzusehen.
Eine gegebenenfalls erteilte Einzugsermächtigung widerrufe ich hiermit.
Sie werden hiermit aufgefordert, Auskunft gemäß Artikel 15 Absatz 1 DSGVO zu erteilen und mir Kopien meiner personenbezogenen Daten zur Verfügung zu stellen, Artikel 15 Absatz 3 DSGVO.
Der Verwendung meiner Daten zu Werbezwecken wird hiermit ausdrücklich widersprochen, Art. 21 DSGVO.
Sie werden hiermit zudem zur Löschung meiner personenbezogenen Daten aufgefordert. Dies selbstverständlich erst nach Erteilung der Datenauskunft nach Art. 15 DSGVO.
Mit freundlichen Grüßen
Vorname Name
Ich habe Angst, dass die Kosten nur höher werden wenn ich nicht zahle.
Genau darauf spekulieren Betrüger und unseriöse Geschäftemacher. Man rechnet Ihnen dann vor, wie hoch die Kosten eines Gerichtsverfahrens werden können. Was man Ihnen nicht sagt: Wenn Sie sich Ihre rechtlichen Möglichkeiten optimal nutzen, hat die Gegenseite kaum eine Chance, den Prozess zu gewinnen. Klagen werden – wenn überhaupt – nur gegen diejenigen geführt, die nicht reagieren oder sich rechtlich ungeschickt verhalten.
Wenn Sie durch eine zügige und kluge Reaktion zeigen, dass Sie Ihre Rechte kennen und optimal nutzen, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass man Sie versucht, durch Einschaltung eines Inkassounternehmens oder die Beantragung eines gerichtlichen Mahnbescheids zur Zahlung zu bewegen. Je klarer Sie zeigen, dass Sie Ihre Rechte kennen, umso wahrscheinlicher ist es aber, dass man Sie in Ruhe lässt. Aussichtslose oder zumindest sehr riskante Gerichtsverfahren einzuleiten, rechnet sich auch für Betrüger und halbseidene Geschäftemacher nicht.
Ich will einen negativen Schufa-Eintrag vermeiden.
Wenn Sie der Forderung aktiv widersprechen, darf diese nicht bei der SCHUFA oder anderen Wirtschaftsauskunfteien eingetragen werden, § 31 BDSG. Sollte eine Eintragung erfolgen, kann diese problemlos gelöscht werden (Hilfe für Betroffene). Gegebenenfalls haben Sie sogar einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz.
Das Unternehmen hat mir die Telefonaufzeichnung zugeschickt. Habe ich überhaupt eine Chance?
Oft senden Ihnen die Unternehmen die Telefonaufzeichnungen zu um zu beweisen, dass alles seine Richtigkeit hat und Sie vor Gericht keine Chance haben. Sie haben nun vielleicht das Gefühl, selbst schuld daran zu sein, dass Sie in diese Falle gelaufen sind. Lassen Sie sich nicht ins Bockshorn jagen!
Selbst wenn sich durch die Telefonaufzeichnung ein Vertragsschluss nachweisen lassen sollte, kann dieser Vertragsschluss durch eine Anfechtung rechtlich wirkungslos gemacht werden, wenn Sie durch arglistige Täuschung zum Vertragsschluss verleitet worden sind. Dass eine solche arglistige Täuschung vorliegt, müssen zwar grundsätzlich Sie beweisen. Die Maschen der Betrüger sind aber auch den Gerichten bekannt. Wenn es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommen sollte (was extrem selten ist), haben Sie mit anwaltlicher Hilfe in der Regel sehr gute Chancen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass Sie Ihre Rechte zügig und nachweislich nutzen.
Was Sie nicht tun sollten.
Was sind die häufigsten Fehler:
- Versuchen Sie nicht, mit der Gegenseite oder einem Inkassounternehmen zu verhandeln. – Erfahrungsgemäß führt dies dazu, dass Sie sich ohne es zu merken Ihrer Verteidigungsmittel berauben und die Rechtsposition der Gegenseite stärken.
- Gar nicht reagieren. Rechtliche Abwehrmöglichkeiten wie Widerruf und Anfechtung sind an teils sehr kurze Fristen gebunden. Nutzen Sie diese Mittel nicht rechtzeitig oder gar nicht, schwächen Sie Ihre Rechtsposition erheblich!
- Das Musterschreiben nur per Mail versenden. Sie müssen nachweisen können, dass die Gegenseite Ihr Schreiben erhalten hat. Das können Sie nur, wenn die Zustellung dokumentiert wird. Sie können natürlich für die Mail eine Lesebestätigung anfordern oder ein Einschreiben mit Rückschein versenden. In diesem Fall muss aber der Empfänger den Erhalt bestätigen. Tut er dies nicht, stehen Sie mit leeren Händen da. Versenden Sie ein Schreiben per Einwurf-Einschreiben, dokumentiert der Postzusteller die Zustellung. Bewahren Sie eine Kopie des Schreibens, den Einlieferungsbeleg und einen Ausdruck der Sendungsverfolgung mit den dokumentierten Zustellungsdaten auf.
- Zahlen und dann versuchen, das Geld zurückzufordern. Es ist erheblich (!) schwieriger, Geld zurückzufordern als eine unberechtigte Forderung abzuwehren. Wenn Sie sich wehren wollen, zahlen Sie keinesfalls!
- Gerichtliche Mahnschreiben ignorieren. Das Gericht prüft nicht, ob die im Mahnantrag gestellte Forderung berechtigt ist. Sie können gegen Mahnbescheide innerhalb von 2 Wochen nach Zustellung Widerspruch gegenüber dem Gericht erheben und das sollten Sie auch unbedingt tun. Wenn Sie die Frist versäumen, hat der Mahnbescheid dieselbe Wirkung wie ein Urteil. Die Gegenseite spekuliert darauf, dass Sie dies nicht wissen, oder die Frist zum Beispiel während eines Urlaubs versehentlich versäumen. In einem gesonderten Artikel wird erläutert, wie sich sich beim Erhalt eines gerichtlichen Mahnschreibens richtig verhalten und was Sie tun können, wenn Sie die Frist versäumt haben.
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